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Le Sentier des Ocres

Roussillon, Ockerlehrpfad, Mistral und Womo-Terror

13. September 2024

Das kleine Dorf Roussillon gehört zum regionalen Naturpark Luberon und ist vor allem durch seine ockerhaltige rote Erde bekannt.
Unglaubliche Menschenmassen wälzten sich durch das hübsche Dorf und besuchten den Sentier des Ocres, den Ockerlehrpfad im Ockersteinbruch. Der Eintritt kostet 3.50 Euro. Der Weg durch die alten Ockersteinbrüche bietet bemerkenswerte Landschaften und wurde durch die industrielle Aktivität der Ockergewinnung geformt und dann durch die Erosion verändert.
Wie so oft war nicht die eigentliche Attraktion das Highlight unseres Ausflugs, sondern die anschliessende Wanderung in den Weinbergen im Umland von Roussillon. Kaum hatten wir den Ort und die handtaschenbewehrten Damen in ihren Strickjäckchen und den hohen Absätzen sowie die Herren in ihren Ledermokassins, den billigen, goldigen Uhren und den grossen Digitalkameras verlassen, trafen wir auf unserer Runde im Tal keine Menschenseele mehr an. Unter einem blauen Himmel mit ein paar Schönwetterwölkchen wanderten wir auf Forst- und Landwirtschaftswegen vorbei an Weingütern und Rebhainen und genossen die windgeschützte Lage im Tal.

Zwei Dinge holen mich aus meiner Komfortzone und lösen meine über Wochen aufgebaute Tiefenentspannung:
1. Der Wind. Seit Tagen sind wir stetigem Wind und teilweise heftigen Böen ausgesetzt. Der Wind scheint uns zu verfolgen, vom regionalen Naturpark Haut-Languedoc über den Lac de Salagou bis in die Provence, wo der Mistral seinem Namen alle Ehre macht! Ständig dieses Gerüttel und Geschüttel an unserem Zelt, fortwährend wird alles was nicht niet- und nagelfest ist vom Winde verweht und das ewige Gerausche, ich kann verstehen, weshalb sich von Tinnitus Betroffene von den Brücken stürzen!
2. Der Womo-Terror. Keine Strasse zu schmal, kein Pass zu hoch, kein Plätzchen zu klein, sie sind überall mit ihren Wohnmobilmonstern unterwegs, ziehen kilometerlange Autoschlangen hinter sich her und den wenigstens käme es in den Sinn, einmal auf die Seite zu fahren, um jene vorbeizulassen, die gerne so schnell fahren würden, wie erlaubt.
Besonders jetzt, in der sogenannten «Nebensaison», manifestiert sich der Womo-Terror, es scheint als hätten Millionen von Rentnern in ihren Hundertausend-Euro-Villen auf vier Rädern die Heimat verlassen, um gen Süden zu reisen! Hier kommen sie dann an, mit ihren ADAC- und ACSI-Ermässigungskarten, um möglichst günstige Stellplätze zu bekommen und belegen alle Zeltplätze. Nebensaison? Dass ich nicht lache!
Und während die Zeltplätze restlos ausgebucht sind, stellen die Restaurants auf den Campingplätzen mangels Umsatz den Regelbetrieb ein, weil die Womobilisten, die wochenlang die Plätze besetzen, günstig auf dem Markt einkaufen gehen und jeden Tag ihr eigenes Süppchen kochen! Zum Kotzen ist sowas!
Ich möchte nicht wissen, wieviele echte Camper, die wirklich auf die Infrastruktur eines Zeltplatzes angewiesen sind, verzweifelt in der Gegend herumfahren und einen freien Platz suchen. Dabei haben die Womofritzen alles an Board, eine Küche, eine Dusche, ein Scheisshaus, Strom, Wasser, einen Fernseher, einen Kühlschrank, das Bügeleisen und nicht wenige wahrscheinlich auch noch eine Waschmaschine!
Derweil gehen die Kommunen immer strikter gegen die Vanlifer vor, gegen Leute, die kleinere oder grössere Busse so umbauen, dass sie darin in freier Wildbahn und auf öffentlichen Parkplätzen kostenlos übernachten können. Aber der Womo-Terror wird ungerechtfertigterweise geduldet. Warum eigentlich?
Zu meiner (Schaden-)freude haben wir kürzlich, als wir vor der Rezeption des Campingplatzes hinter zwei Wohnmobilen parkierten, deren Besitzer vor uns eingetroffen waren, einen der letzten beiden verfügbaren Plätze bekommen, weil ich rechtzeitig bei der Rezeption vorstellig wurde, die über Mittag geschlossen war. Als wir die Formalitäten erledigt hatten, kamen die Womis an, wahrscheinlich hatten sie im Städtchen einen Rundgang gemacht, weil die Rezeption bei ihrer Ankunft noch geschlossen war. Tja, de Schneller isch de Gschwinder! Normalerweise ziehen wir die Arschkarte, schon nur deshalb, weil es uns nicht gegeben ist, die Ellbogen auszufahren. Im Übrigen tut mir das gar nicht leid, die können draussen auf dem Parkplatz oder sonst wo übernachten, es fehlt ihnen ja an rein gar nichts! Ich bin kein Freund von Quoten, Campingplätze sollten aber jederzeit Plätze für echte Camper bereithalten, vor allem dann, wenn kaum mehr freie Plätze zur Verfügung stehen.
Sonst noch was? Ja, die Hündelerplage – ein Thema für sich. Aber für heute lasse ich es gut sein.

Ein Kommentar

  1. Spi Spi

    Magnifique

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