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Im Hang über Albenga und Alassio

Heilig-Kreuzweg-Runde von Alassio

11. Oktober 2024

Immer wenn ich denke, schöner geht’s nicht, werde ich Lügen gestraft. Wir nehmen den Zug von Diano nach Alassio um halb elf. Das Ticket haben wir über die App «trenitalia» gekauft, 3 Euro pro Person, die Fahrt dauert 12 Minuten, schneller gehts nicht. Der Zug fährt pünktlich. Warum auch nicht?

Alassio! Schön dich wieder zu sehen, wir laufen über den Bahnhofsplatz runter zur Einkaufsmeile, die parallel zur Küste verläuft, schmale Gassen geben den Blick aufs Meer frei, wir schlendern an den Auslagen der Läden vorbei, Kleider, Schuhe, Patisserie. Wir setzen uns in ein Ristorante am Strand, bestellen «due caffè espressi e due picchieri di vino rosata». Susanne verteilt den Zucker in unseren heissen Tassen, der Löffel bleibt aufrecht im Pfützli stehen und wartet darauf, umgerührt zu werden. Dieses Ritual gehört dazu, es wird länger gerührt als getrunken. Es sind nur zwei kleine Schlückchen, und der beste Kaffee der Welt ist getrunken. Erst jetzt fängt der Tag in Wirklichkeit an!

Der Blick auf das grosse Blau, ich kann mich daran nicht satt sehen, hab ich das schon mal erwähnt? Eine frühe Kindheitserinnerung hat sich mir eingebrannt, Anfang der 70er-Jahre waren meinen Eltern mit mir in Italien in den Ferien, wir kurvten hoch über Genua und der Blick auf die Häuser an den Hängen, die Stadt und das Meer, haben sich in meinem Gedächtnis festgesetzt. Ich könnte das Meer essen, leertrinken, halten und nie mehr loslassen! Warum kann ich nicht einfach für immer hierbleiben? Didi hadert mit seinem Schicksal. Der Liebe Gott möge mir das (und ein paar andere Dinge) vergeben. La dolce vita! Il cane nero. Il gatto giallo. Duolingo. Jah Rastafari. Je kiffe. Ich cha nümme!

Wir machen uns auf zur alten Römerstrasse, der Via Julia Augusta zwischen Alassio und Albenga, wir begehen diesen Weg heute zum vierten Mal, ich kenne ihn auswendig. Wir werden diesen Spaziergang jedesmal machen, wenn wir hier sind, das ist wie Zähneputzen, man lässt’s nur ausfallen, wenn’s nicht anders geht.

Diesmal gehen wir nicht den gleichen Weg in beide Richtungen, vor den Toren Albengas angekommen, steigen wir hoch auf in die Hügel, zwischen diesem und dem Meer ist Alassio «eingeklemmt». Der schmale, steinige Pfad ist zum Teil nass und rutschig, wir wandern entlang der Flanke des Bergs, zu unserer linken das grosse Blau, vor uns der üppig bewachsene Hang. Der Abstieg ist ziemlich anspruchsvoll, über Felsen, Steine und Geröll, einige Trittsicherheit ist erforderlich. Auf halben Weg hinunter nach Alassio treffen wir auf die Strasse, wir folgen ihr, sie schlängelt sich durch die «Vororte» von Alassio, über der Stadt. Wir sehen Italien, wir riechen und spüren Italien. Genau so, wie ich mir Italien vorstelle.

Zurück in Alassio kaufen wir Tabak ein, ich habe die Phrasen auswendig gelernt: «Voglio comprare il tabacco nel sacchetto. Hai il marchio American Spirit? Cosa si fuma in Italia per il tabacco? Mi piace fumare tabacco forte!» Wir setzen uns in eine Bar am Strand, trinken ein Glas Rosé und prompt wird uns ein Plättchen mit Panini, Salami und so aufgetischt. Nehmen Sie zwei Gläschen, und Sie haben gegessen. Aber heute darf das nicht passieren, heute bin ich scharf auf Spaghetti alle vongole! Wir bestellen noch einen Caffè – Sie wissen schon – und beschliessen, nach Diano Marino zurückzufahren, um zu Duschen und dann wie zivilisierte Leute essen zu gehen. Wir sind die einzigen Gäste, sitzen draussen, die Sonne ist längstens untergegangen, die Spaghetti alle vongole sind köstlich, die Pizza von Susanne ebenso. Wir amüsieren uns prächtig. Zurück in unserem Appartement, zeigt die Uhr von Susanne eine Tagesleistung von 26,6 Kilometer. Ich bin (vorderhand) zufrieden mit Gott und der Welt und klappe das Laptop auf, um unserem Blog einen weiteren Beitrag zu verpassen. Buonanotte.

PS. 1.43 Uhr. Annika, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Ti vogliamo tanto bene.

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