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Eine Hommage an meine Freunde

Manuela kenne ich schon seit meiner Jugendtage, als wir mit unserer Clique die Sommerabenden im Scharenwald, auf der Petriwiese und vor allem am Lindli verbrachten, zu einer Zeit, als es dort weder Pizzaständer noch Verpflegungsmöglichkeiten gab.
Wir haben als SchaffhauserInnen das Glück, zwischen Stein am Rhein und Rheinau, am schönsten Flussabschnitts des Rheins aufgewachsen zu sein, wos je het gits! Wir hingen damals noch der Hippiekultur nach (Friede, Freude, Eierkuchen), als der Punk in UK und anderswo längstens seinen Zenith überschritten hatte. Es dauert eben in der Schweiz immer etwas länger, bis die Trends dieser Welt bei uns ankommen.
Als wir einer Einladung zur Geburtstagsfeier ihres neuen Freundes Andreas Folge leisteten, habe ich auf dem Nachhauseweg zu Susanne gesagt: «Den sehen wir nie mehr!» Heute lachen wir alle über diese komplette Fehleinschätzung. Manuela und Andreas haben mittlerweile geheiratet und wir sind Paten ihres Sohnes Lukas.
Ich sehe Andreas oder Andi noch vor mir, dieser Spitzbube mit Merzenprikeln im Gesicht. Wer hätte 1999 gedacht, als er mit gerade mal 20 Jahren seinen Computershop eröffnete, dass er in diesem Jahr das 25-Jahr-Jubliläum begehen würde, ohne je sein Geschäft unbenannt zu haben oder einen Konkurs anmelden zu müssen. Mittlerweile hat er sich zu einem veritablen Geschäftsmann entwickelt, der mit beiden Beinen fest im Leben steht. Wenn ich allen seinen Sorgen, Aufgaben und Verpflichtungen nachkommen müsste, ich wäre schon längstens zusammengebrochen.
Ich bewundere ihn dafür, wie er sich trotz seiner Verantwortung als Arbeitgeber bei einem Glas Wein oder einem feinen Essen zu entspannen weiss und wie er sich auf «gehobenerem» gesellschaftlichen Parkett zu bewegen weiss. Er ist nicht nur ein guter Freund, er ist auch ein super Chef.
Ich habe eine vierjährige Lehre zum Schriftsetzer (später hiess das Typograf und heute nennt man das Polygraf) absolviert und weit über 30 Jahre von diesem Beruf gelebt, die letzten Jahre als Setzer in einem Verlag für medizinische Fachzeitschriften. Ich hab den Job gemocht. Ich brauche keine neuen Herausforderungen, wenn ich einmal etwas begriffen habe, was bei mir oft etwas länger dauert, kann ich das jahrelang machen, ohne dass mir langweilig wird. Ich habe mich nie für eine berufliche Karriere interessiert, ich wollte möglichst einen kurzen Arbeitsweg und nicht mehr als 4 Tage die Woche arbeiten, was mir mein ehemaliger Arbeitgeber, auch bei einem Arbeitspensum von 95 Prozent, ermöglichte, ich musste einfach 10 Stunden am Tag arbeiten, das war es mir wert. Als wir LayouterInnen und KorrektorInnen ausgemustert wurden, hatte ich 19 Jahre für den Verlag gearbeitet und war mittlerweile um die 50 Jahre alt.
Andreas hat mich dann eingestellt und ich konnte mir sogar das Pensum aussuchen. Ich bin ihm dankbar dafür, denn auf meinem gelernten Beruf hätte ich kaum mehr eine Anstellung gefunden. Auch sonst hätte ich nicht wirklich etwas vorzuweisen gehabt, ausser dem Talent, Zebrafinken zu vermehren, davon kann man aber leider nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten. So blieb mir der Gang als Bittsteller auf unsere ach so grossartigen sozialen Einrichtungen bis heute erspart.
Ich schätze Andi für seinen stets fairen Umgang mit seinen Angestellten, nie wird er laut, nie ist er nachtragend. Ausserdem ist er ein Knigge auf 2 Beinen: «Nein, in einem Verkaufsgeschäft werden keine kurzen Hosen getragen!» oder: «Wie siehst du denn aus? Steck mal dein Hemd in die Hose!» oder: «Nennt die Kunden beim Namen und sagt auf Wiedersehen, wenn sie den Laden verlassen!» Er ist einfach Klasse, immer super frisiert und sieht heute in seinen Vierzigern mit seinen graumelierten Schläfen besser aus als George Clooney!

Nino kam einfach in unseren Computershop spaziert und wollte die ausgeschriebene Stelle als IT-Techniker. Als gelernter Automechaniker hatte er eine beeindruckende Berufskarriere hinter sich gebracht und Führungspositionen innegehabt, eigentlich war er überqualifiziert für den Job bei uns, wenn er auch nicht direkt in der IT tätig gewesen war. Ich erinnere mich genau, wie wir zu viert darüber abgestimmt haben, ob wir Nino einstellen sollten oder nicht. Wir wollten alle, und das war ein kluge Entscheidung!
Kaum war er da, liessen wir ihn drei Wochen ganz allein und verreisten alle zusammen in die Ferien. Es waren wirklich geile Ferien, zuerst in Ligurien und an der Côte d’Azur, zum Schluss noch im Tessin. Wir hatten gar nicht mehr damit gerechnet, zusammen in die Ferien verreisen zu können, das war nur dank Nino möglich und ich werde ihm das nie vergessen!
Nichts bringt ihn aus der Ruhe, er löst die kleinen und grossen Probleme, die unsere Kundschaft mit ihrer Hard- und Software haben, schraubt jeden PC oder Drucker auseinander, repariert die Dinger und baut sie mit Leichtigkeit wieder zusammen. Er hat Sprüche auf Lager, da würde sich sogar meine Mamma wundern, und er hat immer ein offenes Ohr für mich und hilft mir, obwohl er selber bis über beide Ohren mit Arbeit eingedeckt ist. Und wenn er merkt, dass ich gleich die Flinte ins Korn werfe und bereit bin, fluchtartig den Laden zu verlassen und Richtung Süden abzuhauen, nimmt er mich an seine Brust und spendet mir Trost, ausgerechnet er, der ganz andere Probleme im Leben hat!
Er ist ein dufte Kerl, in seiner Nähe fühle ich mich wohl und geborgen und wir haben’s immer lustig. Er mag Heavy Metal genauso wie herzzerreissende Schlager, bei denen auch meiner Mamma das Herz höher schlagen würde. Er ist der Prototyp des harten Mannes mit dem weichen Kern. Ein stattlicher Mann mit einer beeindruckenden physischen Präsenz, und wenn er in seiner schwarzen Lederjacke und dem schwarzen Helm mit dem dunklen Visier auf seiner Harley angedonnert kommt, wirkt er wirklich furchteinflössend, – Mad Max? Peanuts! Er ist unglaublich liebenswürdig und wenn man ihn erst einmal kennengelernt hat, muss man sich nicht vor ihm fürchten, nur blöd kommen sollte man ihm nicht und nicht zu viele persönliche Fragen stellen, das kann er nicht leiden!
Ich würde Nino mein Haus anvertrauen, meine Kinder und meine Frau, und er würde sowohl die Kinder als auch Susanne mit seinem Leben verteidigen, wenn es denn sein müsste. Ich könnte ihn mitten in der Nacht anrufen, wenn ich Probleme hätte und er würde mir zur Hilfe eilen! Einen besseren Freund kann man sich gar nicht vorstellen.

Pascal ist ein dürrer, hochaufgeschossener Junge. Er ist jung, intelligent und gut gebildet. Ich mochte ihn auf Anhieb. Wir haben alle nicht verstanden, weshalb er sich bei einem kleinen Computershop in der Provinz bewirbt, er wäre in namhaften Betrieben sofort eingestellt worden, hätte dort die besseren Aufstiegschancen und ein weitaus höheres Gehalt bekommen, aber er wollte zu uns! Er war für unser Team die ideale Ergänzung, ein Powerpaket mit vielen Kenntnissen und Fertigkeiten und es dauerte nicht lange, und die Kunden verlangten nach dem «jungen Mann, bitte!» Ich kenne ihn zwar noch nicht lange, aber wir haben ein paar Abende zusammen verbracht, interessante Gespräche geführt und zusammen gelacht, dass sich die Balken biegen. Ich fühle, dass ihn ein dunkles Geheimnis umgibt, aber ich muss nicht alles wissen!

Nöldi und Tilo sind beides Freunde aus meiner Jugendzeit. Tilo hab ich zum ersten Mal getroffen, als wir Drittklässler waren. Ich sehe ihn noch vor mir stehen, er sah damals im Grunde genau so aus wie heute, er war nur kleiner. Er wechselte schon bald die Schule und ich traf ihn später als Jugendlicher wieder, wo wir uns im Jugendkeller in Arbeitsgruppen organisierten und Discos und Konzerte veranstalteten.
Etwas später lernte ich dann auch Nöldi kennen. Nöldi war gross und hager, hatte damals lange Haare und trug ein runde Brille, wie John Lennon (die Brille trägt er immer noch). Er ist intelligent, eigentlich ein wandelndes Lexikon und für mich komplett abstrakte Wissenschaften wie Physik und Mathematik sind ganz sein Ding! Seine Mutter ist früh verstorben, und sein Vater war berufsbedingt oft unterwegs, weshalb wir viele Nächte und Wochenenden in der zweistöckigen Wohnung seiner Eltern verbrachten.
Soweit ich mich erinnere, bestand sein Kinderzimmer aus einem Matratzenlager und einer Marantz-Stereoanlage. Wir lagen da rum, spielten Games auf seinem Computer (war’s ein Atari?) und glotzen TV, zu einer Zeit, als die ersten Privatsender zu empfangen waren. Nöldis Filterkaffees waren legendär und wir tranken das Zeug literweise. Und wenn er mal ein Bad nahm, konnten wir getrost in die Ferien verreisen, mit etwas Glück, war er der Wanne wieder entstiegen, wenn wir zurück kamen.
Tilo absolvierte eine Berufslehre als Elektriker und kochte als DJ die Clubs in der näheren und weiteren Umgebung ab. Seine Leidenschaft zur Musik und zum Auflegen ist ihm geblieben, bis heute scheut er keinen Aufwand, für ein paar Freunde einen chilligen Abend oder ein tolles Wochenende zu organsieren und wo er war, war auch immer Licht und Strom!
Als ich aus der Lehre kam, wandelten sich meine Interessen, ich ging lieber mit meiner Liebsten wandern, war dann ein Jahr mit einem Freund in Südostasien uns später stellten sich die Kinder ein. Der Kontakt zu den Jungs ist zwar nicht zur Gänze abgebrochen, aber jahrelang waren wir nicht mehr in ihren Kreisen unterwegs.
Als die Kinder klein waren, hatten wir kein Interesse mehr am Ausgehen, Job, Haus und Sofa dominierten unseren Alltag. Es ist verrückt, wie schnell die Jahre an einem vorbeiziehen, wenn man Kinder hat! Irgendwann vor 10 Jahren, hatte ich dann plötzlich wieder das Bedürfnis zu feiern und das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Ich wollte ausgehen, tanzen und die Nächte durchmachen.
Männerfreundschaften halten bekanntlich ein Leben lang, und im Freundeskreis von Tilo und Nöldi wurde ich ohne Vorbehalte aufgenommen, als ich aus meinem Familenvaterkoma erwacht bin. In Tilos O-Club kamen wir am Freitag- und Samstagabend zusammen, da lief die ganze Nacht Musik, ohne dass ich auch nur einen Song schon mal gehört hätte, viele junge Leute amüsierten sich dort beim Dart, am Tschüttelikasten und lümmelten auf den lauschigen Sofas rum und konsumierten Drinks zum Selbstkostenpreis (oder gratis, wenn sie klamm waren). Wenn sich dann gegen 2 Uhr morgens der Club leerte, spielten Nöldi, Tilo und ich Tschausepp bis zum Morgengrauen, ich sass da, sah die Jungs an, und es war genauso wie vor 35 Jahren, das selbe Spiel, der gleiche Spass – nur Haare haben wir nicht mehr soviele!
Während der Zeit des Coronawahnsinns, hat mir Tilo und sein Club das Leben gerettet, wir trafen uns da zum Spielen und Feiern und hatten jede Menge Spass – was auch bitter nötig war. Ich war während dieser Zeit und nachher scharf darauf auszugehen, mich an kleineren und grösseren Festivals und Konzerten auszutoben, und hatte mit Tilo und Susanne die perfekten Begleiter. Tilo hatte wahrscheinlich gar nicht mehr damit gerechnet, dass er all die Dinge noch einmal tun würde, die er längstens schon erlebt hatte, aber es war nicht schwierig, ihn zu «reaktivieren». Er nahm uns mit und wir ihn, und wenn wir weiter weg waren, profitierten wir oft von der Gelegenheit im kleinen oder grossen Wohnwagen zu übernachten und oft kam auch seine Lebenspartnerin Sile mit, die immer ein schönes Plätzchen für uns findet und uns einen feinen Kaffee kocht, wenn wir aus dem Koma erwachen.

Brigitte ist Susannes ältere Schwester. Sie hat einen Bauern geheiratet und führt mit Jean einen Biohof im Freudental. Zusammen haben sie drei Jungs grossgezogen, der jüngste Sohn übernimmt den Hof. Sie sind beide Chrampfer vor dem Herrn, liebeswürdig, lustig, hilfsbereit und klagen nie! Brigitte hat Jean ungefähr zu der Zeit kennengelernt als ich mit Susanne zusammenkam und all die Jahre ist der Kontakt nie abgebrochen, sie können länger miteinander telefonieren als ein Fussballspiel dauert, und Brigitte ist immer über die neusten Dinge informiert. Ich mag Brigitte und Jean sehr. Brigitte bäckt ausserdem den besten Schoggikuchen der Welt und engagiert sich vielerorts gemeinnützig. Ich habe sie einmal gefragt, ob sie mich aufnehmen würde, wenn ich mittellos und ohne Obdach in einer kalten Winternacht an ihrer Türe klingeln würde. Sie hat ohne nachzudenken geantwortet: «Für dich findemer scho e Plätzli!» Wie hab ich das nur verdient?

Chnöbi ist Susannes jüngerer Bruder, eigentlich heisst er Martin, aber alle nennen ihn Chnöbi. Er hat Astrid geheiratet, eine Bauerstochter aus Merishausen und mit ihr auf dem heimischen Hof drei Mädchen grossgezogen. Chnöbi ist ein findiger und hilfsbereiter Junge. Die Landjugend tickt anders, als die meisten Kinder, die in städtischer Umgebung aufgewachsen sind. Viele sind in ihrem Dorf oder ihrer Gemeinde verwurzelt, engagieren sich in den Vereinen und leisten sehr viel unentgeltliche, gemeinnützige Arbeit – wofür ich die Leute vom Land echt bewundere. Chnöbi ist ein begeisterter Sportler und Radfahrer, hat das «Race across America» erfolgreich absolviert und so einige andere unglaublich lange und harte Velotouren gemeistert und keinen Aufwand gescheut, um diese Unternehmungen zu planen und zu organisieren. Astrid hat jahrelang im Gemeinderat mitgewirkt und mitgeholfen, Beringen zu einer attraktiven Gemeinde zu machen. Beringen ist eine der steuergünstigsten Gemeinden im Kanton Schaffhausen, mit ausgezeichneter Infrastruktur, vereint Industrie- und Gewerbebetriebe mit ausgezeichneter Wohn- und Lebensqualität.

Elsbeth und Erwin, Susannes Eltern, dürfen auch nicht unerwähnt bleiben. Nie haben sie irgendwelche Erwartungen in mich gesetzt oder mir zu verstehen gegeben, dass ich nicht der Richtige für Susanne sei. Susanne hat als einziges Kind keinen Bauern geheiratet, und wenn solcher Standesdünkel auch altmodisch erscheint, noch die Grossmutter von Susanne hat darauf sehr viel Wert gelegt, wie ich weiss. Erwin ist an sich ein wortkarger Mann, man kann sich aber wunderbar mit ihm unterhalten, man muss nur die richtigen Fragen stellen. Und Elsbeth ist vielen, die in Beringen aufgewachsen sind, als ehemalige Bademeisterin bekannt. Sie ist heute noch topfit und sieht so gut aus wie ein Fotomodell!

Thomas ist mein jüngerer Bruder, er hat das technische Verständnis und das handwerkliche Geschick meines Vaters geerbt und ist ein Büezer wie aus dem Bilderbuch. Er hat mit seinem Herzblatt Bettina drei Kinder gezeugt, zwei Mädchen und einen Jungen. Er ist ein richtiger Familienmensch – ganz im Gegensatz zu mir – und ein dufte Typ. Ich sehe ihn leider nur selten, da er nicht gleich um die Ecke wohnt, wir treffen uns hauptsächlich zu Geburts- und Feiertagen, dann haben wir es lustig. Er hat eigentlich nur einen Makel, er setzt im Sport immer auf die Falschen, sei es im Fussball oder in der Formel 1.

Meine Eltern, Trudi und Marc-Olivier, beide mittlerweile Rentner, mit dem einen oder anderen Altersgebrechen zwar, aber noch immer rüstig und fähig den eigenen Haushalt zu führen. Was haben sie sich gefreut, als sie doch noch Grosseltern wurden, womit sie bei Susanne und mir gar nicht mehr gerechnet hatten (mittlerweile haben sie ja fünf Enkelkinder). Sie haben mir unzählige freie Sonntage beschert, sind mit Susanne und den Kindern unterwegs gewesen, während ich zu Hause Musik hörte oder in Ruhe Formel 1 geschaut habe!

Soviele Menschen haben mir im Lauf meines Lebens Gutes getan, Alice, Annelies und Trudi zum Beispiel und andere mehr, die vielleicht ganz froh sind, wenn ich sie namentlich nicht erwähne (Storchenbeinchen zum Beispiel). Ich bin euch allen dankbar und wünsche euch nur das Beste!

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